Im zahlreich erschienen Publikum waren wohl alle bedeutenden Institutionen
Biberachs mit hochrangigen Vertretern präsent, IHK- neben Schul- und
Bankdirektoren, Landrat Schneider sprach ein Grußwort und ein
Schülerorchester spielte auf.
Die Rede zu Ehren des Namenspatrons des Schulzentrums, Kurt Arnold, hatte der
Bischof unter das Motto gestellt:
"Wir bleiben auch im Angesicht der neuen Technik bei den alten christlichen
Werten"
Landrat Schneider wusste dies zu deuten. "Wir haben europaweit die
größte biotechnologische Produktionsstätte" lobte er seinen
Landkreis und war sich ganz sicher: "die ist ethisch absolut
verantwortbar." und überhaupt "die Zukunft für unsere
Raumschaft."
Was er mit diesem Wort, das er noch öfters wiederholte, zu meinen
beabsichtigte, erläuterte er nicht, er betonte stattdessen die
"großen Hoffnungen", die "wir" in die Gentechnik
setzen. Um zum Schluß haarschaft die Kurve zu kriegen:
"Zugleich sind wir auch der alten christlichen Wahrheit zugewandt, dem
Himmel etwas näher."
Bevor der Herr Bischof antworten durfte, sprach noch ein Schuldirektor, und
beinahe wäre ich eingeschlafen.
Leben ist mehr als Biochemie
Es sei "immer wieder von neuem hohe Zeit", begann dann Bischof
Fürst, " daß viele Menschen miteinander in ein sachliches
Gespräch kommen über ein Thema, dessen Bedeutung schwerlich
überschätzt werden kann, die Gentechnik". Er wolle, so
führte er aus, die Biotechnologien weder verteufeln noch heiligsprechen.
Insgesamt befürwortet die Kirche die Gentechnik als eine Technik, die
das menschliche Leben fördere und somit moralisch geboten sei.
Aus dem weiten Feld der Gentechniken nahm sich der Herr Bischof in der Folge
besonders der Fortpflanzungstechniken an, die ihn sehr beunruhigten. Fürst
kritisierte zunächst den "unzureichenden Begriff vom Leben", den
die neudeutsch Lebenswissenschaften genannten naturkundlichen Fakultäten
pflegen. Man könne das Leben nicht auf Chemie reduzieren. Und wo der
Bischof recht hat, da hat der Bischof Recht:
Die Chemie kennt weder soziale noch zwischenmenschliche Beziehungen, Moral,
Musik und Literatur liegen ihr gleichermaßen fern. Schon die scheinbar
einfache Frage, wie denn nun "die Gene" den Phänotyp, das
Erscheinungsbild eines Lebewesens prägen, ist nur für ganz wenige
Ausnahmen geklärt.
Durch gentechnische Fortpflanzungsmethoden gerate die Menschheit zudem in einen
schwer auflösbaren Widerspruch. Zugleich mit der durch Gentechnik erlangten
"Göttlichen Macht" falle der Mensch nämlich in seiner
Selbsteinschätzung auf das Niveau eines "machbaren Dinges".
Wann ist der Mensch ein Mensch?
Um die Grenze des der Fortpflanzungsmedizin Erlaubten zu bestimmen, griff
Bischof Fürst auf das Konzept der Menschenwürde zurück, welches
er auf die aus der Diskussion um den Abtreibungsparagraphen bekannten Art und
Weise auslegte. "Mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle"
entstehe ein neuer Mensch, und diesem sei Menschenwürde zuzuerkennen. Die
Konsequenz daraus ist aber das Verbot der verbrauchenden Embryonenforschung wie
auch der Abtreibung.
"Die Forschung an importierten embryonalen Stammzellen ist der Anfang der
Aushebelung des Embryonenschutzgesetzes", fügte er mit Blick auf die
geltende Gesetzeslage hinzu. Abzulehnen sei ebenso die
Präimplantationsdiagnostik, da diese Technik notwendigerweise zur
Aussonderung und Tötung von befruchteten Eizellen führt.
Es scheint aber -zumindest mir- einigermaßen fraglich, ob eine solche
Argumentation, die sich nur auf die eine Behauptung, daß die befruchtete
Eizelle ein Mensch sei, stützt, durchgehalten werden kann. Ein Mensch, so
könnte man einwenden, kommt per Geburt zur Welt, davor ist seine Mutter
schwanger.
"Der Mensch soll nicht zum Objekt der Technik werden"
Gestützt auf dieses Arnold-Zitat vertiefte der Bischof seine Kritik an der
Embryonenforschung. Hinter diesen Forschungen stehe die Vision vom perfekten
Einzelmenschen, die zum Scheitern verurteilt sei wie zuvor die Vision von der
perfekten Gesellschaft im Kommunismus. Zudem drohe die Aufsplitterung der
Menschheit in zwei Gattungen, nämlich die gezeugten und die gemachten
Menschen.
Wenn das das große Problem wäre, hätte die Kirche schon bei der
künstlichen Befruchtung massiv intervenieren müssen. Der
Berichterstatter wurde den Eindruck nicht los, daß der katholischen Kirche
die Argumentation in Sachen verbrauchender Embryonenforschung zuvörderst
als Munition gegen den Abtreibungsparagraphen dient, zumal Bischof Fürst
die Zucht menschlicher Stammzellen ausdrücklich befürwortete, solange
es nur keine embryonalen seien.
"Wir müssen Weltmeister werden in der Erforschung adulter
Stammzellen." erklärte er auf eine Frage aus dem Publikum.
Zum Abschluß des Abends erhielt noch ein Vertreter der IHK, ich glaube er
nannte sich Sälzle, das Wort, der über pluripotente embryonale und
totipotente adulte Stammzellen schwadronierte und sich damit als Großmaul
outete. Vom Publikum darauf aufmerksam gemacht, daß er da wohl was
verwechselt habe, meinte er, "Die Juden haben offensichtlich kein Problem
mit solchen Forschungen.", man sollte "es" tun.
Der Herr hat auch bestimmt kein Problem mit "den Juden", sonst
hätte er "der Jud" gesagt. So sans, die Deitschn.
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